Bericht von Peggi Täubner über einen Besuch des Strafgerichts in Haifa und einer Demokratiepädagogik- Schülerveranstaltung.
Die Cottbuser Schulsozialarbeiterin Peggi Täubner hatte die Möglichkeit, im Dezember 2019 mit dem Pressenetzwerk für Jugendthemen e.V. https://www.pressenetzwerk.de nach Israel zu fahren und dort verschiedene Jugendprojekte zu besuchen. Dazu gehörte auch ein Besuch des Strafgerichts in Haifa und einer Demokratiepädagogik- Schülerveranstaltung.
„Die Demokratiepädagogik umfasst pädagogische, insbesondere schulische und unterrichtliche Aktivitäten zur Förderung von Kompetenzen, die Menschen benötigen, um an Demokratie als Lebensform teilzuhaben und diese aktiv in Gemeinschaft mit anderen Menschen zu gestalten.
2016 wurde ein Gesetz verabschiedet, das in Israel auch zwölf- und 13-jährige nach Kapitalverbrechen zu Gefängnisstrafen verurteilt werden können. Um so wichtiger ist eine frühzeitige Kriminalprävention. In Israel arbeiten das Justizministerium und das Ministerium für Bildung eng zusammen und entwickelten das Projekt „Demokratie, Rechte und Gesetze“, das es bereits seit 20 Jahren gibt und stetig weiterentwickelt wird.
Zielgruppe sind vor allem Schüler, Studenten und junge Soldaten. Wichtige Ziele sind die Orientierung an demokratischen Werten und Normen und die Entwicklung persönlicher Einstellungen, die dazu beitragen sollen, die Bedeutung der für ein demokratisches Gemeinwesen konstitutiven Werte zu verstehen, diese in Entscheidungssituationen kritisch zu reflektieren und sie gegen demokratiekritische Einwände mit Argumenten zu verteidigen. Ein weiteres Anliegen der Justiz ist es, den jungen Menschen zu vermitteln, dass Informationen in diversen Medien nicht real sind. Desweiteren geht es um Transparenz der Justiz und der Auseinandersetzung mit Vorurteilen.
Die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen erhalten die Möglichkeit, ihrem Alter entsprechend verschiedene Module zu nutzen. In Haifa ist der Bau des Gerichtsgebäudes bewusst konzipiert worden, um so Einfluss auf die Besucher, auch der Jugendlichen, zu nehmen und wirkungsvoll Eindruck zu machen. Es gibt Gespräche mit Richtern (wir hatten die Gelegenheit mit Dr. Ron Shapiro zu diskutieren), Führungen durch das Gericht, Besuche von Gerichtsverhandlungen, Simulationen von Gerichtsverhandlungen, Workshops u.a. Dies geschieht hauptsächlich in Absprache mit Lehrern und Sozialarbeitern, die für eine entsprechende Vor-und Nachbereitung zuständig sind. Allein aus der Stadt Haifa werden jährlich ca. 7000 Jugendliche erreicht, im ganzen Land ca. 30 000 (aktuell gibt es 5 Projektstellen im Land). Professionell und fachlich betreut werden sie dabei vorangig von Jura- und Politikstudierenden der Hochschulen vor Ort. In Auswertungen zeigt sich, dass die Angebote von Jugendlichen, Eltern und Lehrern als wirkungsvoll, lebensnah und bereichernd wahrgenommen werden.
Auch in Deutschland gibt es ähnliche Ansätze, allerdings scheint das sehr vom Engagement vor Ort und von Kooperationen abhängig zu sein. Die von der Cottbusser Jugendrichterin Sigrun von Hasseln-Grindel zu Anfang der 1990er Jahre begründete Rechtspädagogik zeigt z.B., wie den jungen Menschen präventiv die Prinzipien und die davon abzuleitenden Regelungen des Zusammenlebens am effektivsten zu vermitteln sind und sie motiviert werden können, diese einzuhalten. Die Rechtspädagogik in Deutschland bezweckt eine ganzheitliche, (gewalt-)präventive Erziehung und Werteschulung sowie ein tolerantes Zusammenleben ohne Delinquenz in der modernen, multikulturellen und demokratischen Gesellschaft. Es gibt Jugendrechtshäuser, Konzepte wie „Recht aufschlussreich“, Rechtskundeunterricht u.ä. Eine Zusammenarbeit von Justizministerium, Bundesministerium und Forschung sowie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wäre neben einer konsequenten Förderung auch für Deutschland sehr erstrebenswert.“
Text und Fotos: Peggi Täubner